Oft werde ich gefragt, warum ich Bücher schreibe und wie es dazu kam. Die Antwort darauf ist so ungewöhnlich wie mein Weg zum Schreiben selbst. Wie alles Große in meinem Leben, trat auch das Schreiben eher zufällig an mich heran. Ich bin nicht die klassische Autorin, die schon als Kind immer Geschichten erfunden hat. Im Gegenteil – ich war ein typisches Straßenkind, immer draußen nie zu Hause. Das Schreiben lag mir fern, weil es schlichtweg zu ruhig war, keine Bewegung bot.
Erst später, im Alter von 20 oder 21 Jahren, begann ich damit, Vorträge über verschiedene philosophische Themen zu schreiben. Rückblickend wundere ich mich, warum mich das nicht gewundert hat – woher kam der Impuls, über solche Themen zu schreiben? Doch ich tat es einfach, ohne groß darüber nachzudenken.
Und dann geschah es eines Tages: Ich hatte eine jener Eingebungen, die mir keine Wahl ließ. Sie lautete: „Du sollst schreiben.“ Ich gehorchte dieser Eingebung, wie ich es immer tat, und schrieb innerhalb von 14 Tagen mein erstes Buch mit dem Titel „Das dunkle Labyrinth der Seele“. Dieses Buch hat mich regelrecht überfallen. Ich schrieb es und als ich damit fertig war, wurde ich krank – aus Überraschung, aus Überwältigung.
Ich verstand so vieles nicht. Woher kam dieses Wissen, das sich in diesem Buch offenbarte? Es war nicht meins, jedenfalls nicht das, was ich bis dahin von mir kannte. Damals war ich eine „einfache“ Dolmetscherin, reiste und flog mit ungarischen Geschäftsleuten durch Österreich und Deutschland. Mein Leben war flach, doch das Buch hatte echte Tiefe. Diese Diskrepanz erschreckte mich so sehr, dass ich krank wurde. Ich entwickelte, wie ich im Nachhinein feststellte, eine Agoraphobie, die mich drei Monate lang daran hinderte, unter Menschen zu gehen. Aber ich trainierte mich zurück ins Leben, aber dem Buch kehrte ich den Rücken zu.
Damals wusste ich es nicht, aber heute ist mir klar: Ich kehrte nicht dem Buch, sondern meinem wahren Leben den Rücken. Der Übergang zu meinem wahren Selbst war zu beängstigend, und meine Krankheit zeigte mir, wie sehr. Ich lebte weiter, als hätte es das Buch nie gegeben. Doch natürlich ließ es mich nie in Ruhe, zumal es veröffentlicht wurde und sogar einen gewissen Erfolg hatte. Das alles geschah noch, als ich in Ungarn lebte.
Als ich nach Deutschland zurückkam, war das Buch weit weg von mir – und ich fühlte mich außer Gefahr. Aber ich hatte die Wirkung des Buches unterschätzt, denn es brachte mein Bild über mich völlig durcheinander. Die folgenden Jahre waren geprägt von Verstehen wollen (was man eigentlich gar nicht verstehen kann) und Akzeptieren (dessen, was man nicht verstehen kann). Und dann kam mein zweites Buch.
Dieses Buch war der erste gewaltige Schritt weg von meinem Ich und hin zu meinem Selbst.